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Grundlagen Pferdefütterung

Mit der Sorge um ein Pferd übernimmt man zugleich auch die Verantwortung für Milliarden im Dickdarm lebender Mikroorganismen, die in einer Symbiose mit dem Pferd leben.
Das Pferd ernährt diese Mikroorganismen und erhält dafür wieder lebensnotwenige, von den Mikroorganismen produzierte Substanzen. Ein Ab sterben aller Mikroorganismen würde zum Tod des Säugetiers führen. Aber schon allein eine Störung der Bakteriengemeinschaft führt zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens und der Gesundheit des Pferdes. Die optimale Zusammensetzung dieser Darmflora wird vor allem über die Ernährung gesteuert. Die richtige Fütterung des Pferdes ist deshalb grundlegend für seine Gesundheit. Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Mechanismen sich bei der Verdauung abspielen.

 

Die Verdauung im Maul- und Schlundbereich

Der Appetit des Pferdes wird durch die Schmackhaftigkeit und den Geruch des Futters angeregt. Zunächst ist bei der Pferdefütterung auf höchste Futter- bzw. Rohstoffqualität zu achten. Eine natürliche Pflanzenvielfalt mit Kräutern, die in der ursprünglichen Nahrung des Pferdes eine große Rolle spielen, können die Verdauung günstig beeinflussen.

Die Verdauung des Pferdes beginnt bereits im Maul- und Schlundbereich. Eine wichtige Rolle spielt die Einspeichelung des Futters. Während das Raufutter ohnehin intensiv gekaut und eingespeichelt wird, ist beim Kraftfutter eine möglichst heterogene Zusammensetzung vorteilhaft. Durch intakte Pflanzenfasern, Heuhäcksel, Samen, Trockenobst und Kornbestandteile im Kraftfutter wird eine günstige Mischung aus gröberen und feineren Strukturkomponenten erreicht. Dabei wird dem Pferd die Möglichkeit der Selektion und damit der Unterhaltung beim Fressen geboten. Die Kaudauer wird verlängert und damit, was erwünscht ist, ein gut zerkleinerter und gleitfähiger Speisebrei erzielt. Mit der vermehrten Speichelbildung wird auch die Bildung von Magensaft gefördert. Ebenso wird während des Kauens die Bauchspeicheldrüse angeregt und die Sekretion von Verdauungsenzymen eingeleitet.

Mit der Anregung des Appetits und der damit verbundenen verlängerten Kaudauer wird der Speisebrei eingespeichelt und aufgeweicht. Der homogene Futterbrei wirkt sowohl einer Magenverklumpung, als auch einer möglichen Schlundverstopfung entgegen.

 

Die Verdauung im Magen

Der Speisebrei gelangt in den ca. 18 Liter umfassenden Pferdemagen, wo das dort vorherrschende saure Milieu zu einer Abtötung unliebsamer Keime beiträgt. Das Futter verweilt im Magen zwischen 1 und 5 Stunden.

Nur ein lockerer, feuchter, klumpenfreier Speisebrei wird effektiv vom Magensaft durchsäuert. Dieser Vorgang wirkt einer Fehlgärung im Magen entgegen, die zu Magendruck, bzw. Magenkolik führen könnte. Je besser bereits die Einspeichelung erfolgt ist, desto schneller verlässt der Speisebrei ohne Gärung den Magen. Die Vorbedingung für eine gute Dünndarmverdauung ist damit gegeben.

 

Die Verdauung im Dünndarm

Während die Faseranteile von Heu und Stroh weitgehend unverdaut zum Dickdarm weitergeleitet werden, findet während des Aufenthalts im Dünndarm hauptsächlich die Verwertung der schnellverdaulichen Kraft futterbestandteile statt. Die notwendigen Verdauungsenzyme liefert die Bauchspeicheldrüse, die zuvor durch die Anregung des Appetits und das intensive Kauen stimuliert werden muss. Der etwa 20 Meter lange Dünndarm des Pferdes fasst ungefähr 64 Liter Volumen.

Die Passage des Futterbreies dauert etwa eineinhalb Stunden. Die Geschwindigkeit, mit der der Futterbrei den Dünndarm passiert, ist also relativ hoch. Die Verdauung des Futters im Dünndarm erfolgt hauptsächlich enzymatisch. Im Dünndarm wird z.B. die Getreidestärke des Kraftfutters mit dem Enzym Amylase, Protein mit sogenannten Proteasen und Fette durch Lipase verdaut. Dem Pferd steht mit den Lipasen eine gewisse Kapazität zur Verdauung von zumeist pflanzlichen Fetten zur Verfügung, die durch die herkömmliche Fütterung nicht ausgenutzt werden.

Futterbestandteile, die gut eingespeichelt und gut zerteilt wurden, bilden mathematisch gesehen eine große Oberfläche und erlangen nach der Magenverdauung eine gute Zugänglichkeit für Dünndarmenzyme. Sind die Nahrungspartikel aufgrund einer zu geringen Vorarbeit in Schlund- und Magenbereich zu groß, wird die Zugänglichkeit für die Dünndarmenzyme erschwert.

Von Natur aus stehen dem Weidetier Pferd rohfaserhaltige Gräser mit deren Grassamen zur Verfügung. In den Samen sind neben hochwertigen Eiweißen ein hoher Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren enthalten. Der Anteil an Stärke dagegen ist relativ gering. Da die herkömmliche Pferdefütterung oft einen hohen Getreideanteil mit viel Stärke enthält, kann die Verdauung im Dünndarm durch enzymaktive Futtermittel wie Weizen- bzw. Maiskeime, Malz, Hefezellen, aber auch Honig unterstützt werden.

 

Die Verdauung im Dickdarm

Der Dickdarm des Pferdes, mit einer Länge von fast 8 Metern und einem Volumen von fast 130 Litern, besteht aus Blinddarm, dem großem und dem kleinen Kolon. In diesen Gärkammern findet der Aufschluss der „schwerverdaulichen“ Nahrungsbestandteile, der Rohfaser, statt.

Rohfaserhaltige Futtermittel sind Stroh, Heu, Gras und Silage, deren verdauliche Bestandteile Cellulose, Hemicellulose und Pektin während 33 und 44 Stunden von den körpereigenen Mikroorganismen aufgeschlossen werden. Dabei liefern die Mikroorganismen flüchtige, hochverdauliche Fettsäuren zur Energiebereitstellung, B-Vitamine (z. B. das hufhornbildende Biotin) und Spurenelemente an das Pferd. Die Mikroorganismen verlangen nach einem Mindest-Rohfasergehalt im Futter in guter Qualität, um zu überleben. Durch Störungen des biologischen Gleichgewichts im Dickdarm wird die Gesundheit des Pferdes nachhaltig beeinflusst. Nachteile einer zu stärkebetonten Fütterung

Bei einer sehr getreidelastigen Fütterung, bei der die Stärke nicht vollständig im Dünndarm verdaut wird und ein Teil Reststärke in den Dickdarm gelangt, wird das Gleichgewicht der Mikroorganismen verschoben. Die Gasbildung wird erhöht und führt beim Pferd zu Blähungen. Die im Falle eines Stärkeüberschusses entstehende Bildung von Säuren, die den Blinddarm übersäuern, führt zu Verspannungen und Schleimhautreizungen, während die Bildung von Toxinen zu Stoffwechselproblemen führt und damit die Auslösung einer Hufrehe begünstigt.

Abgesehen davon wird das Dickdarmmilieu durch Gase, Säuren und Toxine erheblich gestört und eine optimale Verwertung der Futterbestandteile ist nicht mehr gewährleistet.

Zusätzlich kommt es zu Reizungen, Verdickungen und schließlich zur Entzündung der Darmschleimhäute. Die Folgen sind eine verringerte Resorption von Nährstoffen. Dazu gehören wichtige Mineralstoffe und Spurenelemente. Auch die Vitaminresorption im Dickdarm wird beeinträchtigt. Mikroorganismen in einem gesunden Darmmilieu sind der Lieferant großer Mengen an B-Vitaminen für das Pferd. Ist die Darmflora gestört, kommt es zu Mangelerscheinungen im Vitamin B-Bereich. Dazu gehört u.a. auch das Vitamin B7, besser bekannt als Biotin. Daneben gelten Erkrankungen wie Koliken, Hufrehe u.v.a. als Folgeerscheinung einer gestörten Darmtätigkeit.

 

Nachteile einer zu stark eiweißhaltigen Fütterung

Bei einer eiweißlastigen Fütterung z. B. mit zu hohen Mengen von Extraktionsschroten, Hafer, Weizenkleie oder jungem Gras kommt es zu einem Eiweißüberschuss im Dickdarm. Die Darmbakterien sind gezwungen, Eiweiße zur Energiegewinnung heranzuziehen und stoßen das nicht verwertbare Stickstoffende als Ammoniak ab. Der anfallende Ammoniak wird von der Darmschleimhaut aufgenommen und geht in die Blutbahn. In der Leber erfolgt der Umbau zu Harnstoff. Dieser wird durch die Niere ausgeschieden. Stallt das Pferd, gelangt der Harnstoff in die Einstreu des Pferdes und wird von dort lebenden Mikroorganismen wieder zu Ammoniak umgebaut. Der Ammoniak schädigt das Hufhorn und beim Einatmen auch systematisch das Lungengewebe. Abgesehen davon werden Leber und Niere belastet.

 

Fazit

Nur eine ausgewogene Zusammensetzung der Gesamtration fördert das biologische Gleichgewicht der Dickdarmflora. Dies wirft die Problematik einer getreidebetonten Kraftfutterversorgung auf. Dazu stellt sich nun die Frage, inwieweit die Dickdarmfunktion bei einer üblichen Getreidefütterung verbessert werden kann.

Grundlegend ist bei Stallpferden eine großzügige Raufutterration, bestehend aus möglichst nach der Blüte geerntetem Heu. Zum Verweilen zwischendurch eignet sich Futterstroh, welches durch seinen hohen Rohfaseranteil und seinen geringen Anteil an Eiweiß eine sehr gute Pufferfunktion hat. An Heu und Stroh sind selbstverständlich höchste Qualitätsansprüche zu stellen. Staubiges oder verschimmeltes Raufutter wird im Dickdarm zum Bumerang und verhindert eine gesunde Entwicklung der Mikroorganismen. Der Einsatz pflanzlich gebundener Fette (z. B. Maiskeime) stellt eine ernstzunehmende Alternative zur reinen Getreidefütterung dar. Die Aktivität der Lipasen (fettverdauenden Enzyme) wird angeregt. Die im Keim gebundenen Pflanzenöle werden nur langsam durch die Verdauung freigesetzt und belasten sie dadurch nicht.

Bei der Fütterung ist die Stabilisierung der Darmflora oberstes Gebot. Zu den dickdarmspezifischen Nährstoffen gehören vor allem Pektine, welche in Äpfeln, Rüben und Sonnenblumenkernen enthalten sind, sowie Fasern aus hochwertigem Heu, Kräutern und Schalen. Mit der Raufutterverwertung steigt die Vitaminsynthese, sowie die Resorptionsleistung. Die Energie- und Nährstoffversorgung wird verbessert und damit auch die Widerstandsfähigkeit des Organismus. Zu den natürlichen Diätmitteln für eine weitergehende Stabilisierung des Dickdarms gehören Bierhefe als Probiotikum, Heilerde und Diatomeenerde (Kieselgur) zur Absorption von Toxinen sowie basenbildende Mineralstoffe zur Verbesserung des Säure-Basen-Gleichgewichts im Darm. Bei Beachtung der Verdauungsvorgänge beim Pferd und Unterstützung des Verdauungsapparates durch sinnvolle Nahrungskomponenten kann das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit des Pferdes gesteigert werden.

vielen Dank an die Autorin: Dr. Susanne Weyrauch
Grundlagen Pferdefütterung